Aus Fehlern lernen – Die Coronapandemie als Chance? Veranstaltung der Lokalgruppe Stuttgart

Die Coronapandemie war nicht nur Thema der Veranstaltung mit Herrn Professor Christian Berg, sie beeinflusste auch die Veranstaltung vor Ort.

Aufgrund der allgemeinen Covid-19-Vorkehrungen war es nur 56 Interessierten gestattet, die Veranstaltung der Global Marshall Plan Lokalgruppe Stuttgart am 12.10.20 nach vorheriger Anmeldung zu besuchen. Bereits in der Vorwoche hatte sich abgezeichnet, dass die Stadt Stuttgart in kürzester Zeit die Marke von mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner überschreiten würde, was am Vortag der Veranstaltung schließlich der Fall war. Um Christian Berg eine Quarantäne nach seiner Rückkehr zu ersparen, musste die Veranstaltung daher am Freitag, 09.10.2020 kurzfristig umgeplant werden. Der Referent sollte in einer Videokonferenz zugeschaltet werden, um dem angemeldeten Publikum den Besuch der Veranstaltung weiterhin zu ermöglichen. Zudem sollte die Veranstaltung aufgezeichnet werden, um an einem späteren noch zu definierenden Tag weiteren Interessierten Zugang zur Veranstaltung zu ermöglichen. Als Kooperationspartner im Vorfeld der Veranstaltung fungierten der Hospitalhof, die GLS-Bank, der Oikocredit Förderkreis Baden-Württemberg und die Heinrich Böll Stiftung Baden-Württemberg.

Am Veranstaltungsabend waren die verfügbaren Plätze im Elisabeth-und-Albrecht-Goes-Saal des Hospitalhofs nahezu voll besetzt. Nach den einführenden Worten von Frau Kammerer vom Hospitalhof begrüßte Jannis Maaß die Gäste im Namen der Lokalgruppe und stellte kurz den Referenten vor, bevor er das Wort an ihn übergab.

 

Christian Berg befasst sich seit knapp 20 Jahren in verschiedenen Rollen mit dem Thema Nachhaltigkeit. Er ist unter anderem Mitglied des deutschen Präsidiums des Club of Rome sowie Professor für Nachhaltigkeit an der TU Clausthal. Sein im März 2020 erschienener Bericht an den Club of Rome „Ist Nachhaltigkeit utopisch? Wie wir Barrieren überwinden und zukunftsfähig handeln“ identifiziert Hindernisse, die uns rechtlich, wirtschaftlich, politisch, aber auch technologisch und kognitiv an der Umsetzung von Nachhaltigkeit hindern. Aus dieser Erkenntnis werden konkrete Handlungsprinzipien entwickelt, die helfen, diese Barrieren zu überwinden und eine nachhaltige Zukunft zu ermöglichen.

Seinen Vortrag eröffnete Professor Berg mit einer Beschreibung des gesellschaftlichen Umgangs mit der Covid-19 Pandemie und der sich daraus ergebenden Folgen. Eine wichtige Lehre aus Corona ist für ihn die Erkenntnis, dass Systeme verletzlich sind und kollabieren können: Leben ist fragil, zudem besteht eine Abhängigkeit vom globalen Markt. Exponentielles Wachstum ist nicht nur auf die Ausbreitung des Virus begrenzt, sondern findet sich beispielsweise auch beim Bevölkerungswachstum oder beim CO2-Ausstoß. In der Pandemie zeigte sich jedoch, dass sich aus Krisen auch Chancen und Potentiale ergeben.

Ausgehend von 9/11 analysierte Christian Berg im nächsten Schritt verschiedene globale Krisen und deren Ursachen. Es zeigte sich, dass die Klimakrise immer dann ins Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit rückt, wenn sie nicht von anderen Krisen überlagert wird. Ihre Ursachen sind im Wesentlichen Marktversagen, kurzfristiges Denken, Ziel- und Interessenskonflikte, Gier sowie moralisches Versagen. In den Augen von Professor Berg verhindert der seit Jahren vorherrschende Krisenmodus einen systematischen Blick auf wiederkehrende Krisenursachen und deren Zusammenhänge. Er arbeitete daher aus diesen verschiedenen Ursachen systematisch Barrieren der Nachhaltigkeit heraus. Diese sind für ihn Fundamentalismus und Populismus, eine fehlende Governance für globale Herausforderungen, die Dominanz des Ökonomischen, Kurzfristorientierung und Marktversagen.

Um die Rahmenbedingungen für nachhaltiges Handeln zu veranschaulichen, zeigte er am Beispiel des Wasserkochens, dass man die Parameter eines Systems kennen sollte wenn man Phasenübergänge wie etwa von flüssigem Wasser zu Wasserdampf herbeiführen möchte. Abschließend stellte Christian Berg konkrete Prinzipien nachhaltigen Handelns geordnet nach den Kategorien Natur, Person und Gesellschaft vor. Diese sind etwa, das Verursacherprinzip Ernst zu nehmen, sich saisonal und lokal zu orientieren oder Einfachheit wertzuschätzen.

 

Nach seinem interessanten und kurzweiligen Vortrag beantwortete Christian Berg unter der Moderation von Gerhard Schiek und Andrea Zeller fast eine Stunde die zahlreichen Fragen des Publikums. Aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen entfiel das sonst übliche Beisammensein mit dem Referenten bei Snacks und Getränken im Anschluß und die Veranstaltung endete direkt nach der Fragerunde.