Ein Beitrag der Lokalgruppe Tübingen
Die Global Marshall Plan Lokalgruppe Tübingen hat sich im Sommersemester 2012 am Studium Generale der Universität Tübingen beteiligt. Bei dieser Veranstaltung finden an mehreren Abenden der Woche Ringvorlesungen zu unterschiedlichsten Themen statt, häufig von Professoren, manchmal von Studenten organisiert.
Die Lokalgruppe führte bereits im Jahr 2008 eine erfolgreiche Reihe durch und freute sich sehr darüber diese wieder gestalten zu dürfen.
Die Themen der Reihe sind sehr vielfältig gewählt, orientieren sich aber alle an der Frage, wohin sich unsere Gesellschaft entwickeln wird. Da bei einer Global Marshall Plan initiierten Vortragsreihe die Millennium Development Goals (MDG) nicht fehlen dürfen, waren diese das zentrale Thema des vorletzten Vortragsabends: Wie geht es nach 2015 weiter? Alle Themenabende zeigten dass es schwer ist vorauszusagen wie sich die Welt entwickeln wird. Dennoch konnten aus den Vorträgen Anregungen mitgenommen werden, welche Szenarien wahrscheinlich sind, welche Herausforderungen entstehen und wie mögliche Lösungen aussehen könnten.
Als Beispiel eine kurze Zusammenfassung des Vortrags von Herrn Dr. Loewe, der sich mit der aktuellen und zukünftigen Entwicklungspolitik beschäftigt. Nach einem kurzen Überblick zu den Zur Einführung in acht MDG, deren Entstehung und eine kurze Analyse des aktuellen Standes, wies er auf die Unterschiede zwischen und innerhalb der Weltregionen hin. Während Subsahara- Afrika (SSA) als Weltregion noch viel Nachholbedarf hat, haben Länder wie Ghana oder Äthiopien manche Ziele vorzeitig erfüllen können, und das mit fast gegensätzlichen Strategien.
Die flexible Umsetzung der MDG wurde als Stärke der Agenda hervorgehoben, ebenso die Ergebnisorientierung, das Potential für Synergie-Effekte und die leichte Nachvollziehbarkeit der Zielsetzung. Demgegenüber wurden jedoch auch die zahlreichen Schwächen der MDG beleuchtet und in der anschließenden Diskussion kritisch hinterfragt. Aus der Abschlusserklärung des Millenniumgipfels in New York wurden nur zwei Bereiche abgedeckt. Menschenrechte, Frieden, Sicherheit, Schutz von leicht Verletzlichen u.Ä. fehlt. Es werden nur die ökonomische und die humane Dimension von Armut angesprochen, nicht jedoch die sozio-kulturelle oder die politische. Quantität statt Qualität bei der Umsetzung, relative statt absolute Werte werden betrachtet, Durchschnitte statt Verteilungseffekte entscheiden, Vergleichbarkeit und Verlässlichkeit der Daten sind mangelhaft, die Legitimation ist fragwürdig.
Ausgehend von diesen Schwächen wurde erörtert, welche Fragestellungen sich in der Diskussion über eine neue entwicklungspolitische Agenda ergeben. Brauchen wir überhaupt eine neue Agenda? Wer formuliert diese? Wie wird sie formuliert? Welche Ziele werden auf-, welche werden herausgenommen? Soll eine Umsetzungsstrategie diesmal vorgegeben werden? Die aktuelle Diskussion antwortet sehr vielfältig auf all diese Fragen, da sie noch ganz am Anfang steht. Dennoch können erste Tendenzen herausgefiltert werden. Die Agenda soll einen Referenzrahmen bieten, in den im Konsens beschlossene Ziele aufgenommen werden. Die Ausarbeitung soll eine Gruppe von ca.30 Ländern mit Entwicklungsexperten übernehmen. Vor allem die Themen soziale Sicherheit, Qualitäts- und Verteilungsaspekte sollen mit aufgenommen werden. (Anmerkung: Die aufgeführten Stichworte sollten nicht als fix betrachtet werden.)
Im Jahr 2013 darf man einen ersten offiziellen Entwurf erwarten, in dem ein genauerer Weg aufgezeichnet sein dürfte. Festzuhalten bleibt, dass die MDG eine gute, aber verbesserungswürdige Grundlage für die Ausarbeitung einer Nachfolge- Agenda bilden und dass der Prozess hierzu gerade begonnen hat.
Bei einem solchen Großprojekt wie einer Studium Generale- Reihe entstehen natürlich einige Kosten, von kleinen Anerkennungshonoraren über Fahrt- bis zu Übernachtungskosten. Daher ist die GMP Lokalgruppe Tübingen ihren Sponsoren TeilAuto Tübingen, Volksbank Tübingen und Nabu sehr dankbar für die Unterstützung und bedankt sich auch bei allen Referenten, die keine Kosten in Rechnung gestellt haben. Insgesamt kann man die Vorträge als Erfolg bewerten. Es fand bei fast jedem Vortrag eine angeregte Diskussion des Publikums mit den Referenten statt, die alle das studentisch Engagement sehr lobten und spannende Einsichten in ihre Arbeit gewährten.